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Man(n) schiesst auf den Mann!

Vieles an der Politik ist interessant, manchmal sogar schön (Ist dieses Wort etwa übertrieben?). Effizient und glaubwürdig ist sie, wenn Sachpolitik, mit möglichst viel Wissen und mit möglichst wenig Eigeninteresse betrieben wird.

Aus Erfahrung weiss man, dass dies nach den Wahlen wieder sein kann und hoffentlich auch sein wird. Etwas zu befürchten ist, dass dieser „Idealzustand“ erst nach den Wahlen ins Bundesparlament im Herbst 2011 eintreten wird. Bis dahin …..!
Jetzt vor den Wahlen schiesst man(n) auf den Mann. Nehmen Sie als Beispiel den deutschen Verteidigungsminister von Gutenberg. Ein Mann, welcher gemäss Meinung unabhängiger Experten sehr gute Arbeit geleistet hat, ein Mann, welcher im Volk (vgl. Umfragen im ARD) sehr beliebt ist. Nun hat er sich effektiv mit seiner Doktorarbeit einen recht grossen Fehler geleistet. Neben 1400 Fussnoten hat er einige wesentliche Quellenhinweise nicht gesetzt. Falsch, die Doktorarbeit entspricht nicht den universitären Voraussetzungen und der Titel muss aberkannt werden. Was wir nun aber in Deutschland beobachten können, wie die Opposition vor sechs wichtigen Wahlen in den Bundesländern auf den Mann, eben auf von Gutenberg schiessen, ist bedenklich. Nein, alle seine Leistungen sind nichts mehr wert. Der Sturm ist grösser, als wenn er den Titel gegen bares Geld in der Schweiz gekauft hätte. Fehler dürfen aufgezeigt werden, es bräuchte aber grössere Fehler, um die Leistungen eines Mannes vergessen zu dürfen.
Könnten Sie sich vorstellen, dass es Parallelen zur Schweizer Politik gibt? Ist es nicht ähnlich, wenn man alt Bundesrat Hansruedi Merz vorwirft, er hätte sich bei der Verrechnungssteuer effektiv verrechnet und vergisst, dass er mithalf, in seinen Amtsjahren viele Milliarden Franken Schulden abzubauen? Erleben wir dies nicht auch in unserem gegenwärtigen Wahlkampf, wo man – zugegeben auch hier gab es Fehler – die Sache und die Leistungen vergisst und nur noch auf den Mann schiesst! Ob unsere Politik ab Herbst wieder sachbezogener wird? Es ist zu hoffen, ja, es ist zu hoffen!
Dr. med. Herbert Widmer
Kantonsrat FDP

Alternative Energie

Die „Energiediskussion“ wird schon länger geführt, durch die tragischen Ereignisse in Japan wurde sie aber intensiviert und wohl auch etwas „militanter“ als zuvor. Dass die Diskussion geführt wird ist richtig und wichtig. Der Ausstieg aus der Atomenergie zeichnet sich ab, er muss so erfolgen, dass eine vernünftige Ablösung dieser Energieform möglich ist. Kraftwerke mit hohem CO2-Ausstoss sind auf die Länge keine Alternative. Energiesparen ist wichtig, aber quantitativ begrenzt und in den Köpfen der Bevölkerung nur schwer zu verankern.

Die Suche nach neuen Energiequellen führt aber auch zu seltsamen und abzulehnenden Blüten. Seit einigen Jahren werden Biotreibstoffe (Ethanol) produziert, eine technische Möglichkeit, welche zu begrüssen ist – solange dies nicht auf Kosten anderer geschieht. Wenn Abfälle aus Wald, Landwirtschaft etc. dazu verwendet werden, ist dies eine begrüssenswerte Verwertung. Die entsprechende Industrie v.a. der USA, aber auch in Europa, ist aber dazu übergegangen, Biotreibstoff aus Grundnahrungsmitteln her zu stellen. Die massive Verteuerung des Erdölpreises durch die Ereignisse in Japan und Lybien hat dazu geführt, dass die Tendenz zur Umwandlung der für die Bevölkerung wichtigen Grundnahrungsmittel in Tankfüllungen noch angestiegen ist. So wird gemäss Bundesamt für Landwirtschaft in den USA ein Drittel der Maisernte für die Ethanolproduktion verwendet. Dabei ist zu berücksichtigen, dass für die Produktion von einem Liter Ethanol 4000 Liter Wasser gebraucht werden. Aus 200 Kilo Mais können entweder 50 Liter Benzin produziert oder ein Mensch ein Jahr lang ausreichend ernährt werden. Agrodiesel für eine 10000 km lange Autofahrt benötigt den Raps von 5000 m². Riesige Agraflächen und Regenwaldbereiche werden zu Palmölplantagen „umgewandelt“.

Dieses Vorgehen – der massive Verbrauch an Wasser und Grundnahrungsmitteln – ist unethisch und zu verurteilen. Aus diesem Grunde haben wir vor drei Jahren einen Vorstoss für eine „Standesinitiative gegen Bioethanol aus Nahrungsmitteln“ eingereicht, mit dem Wissen, dass dies nur einen kleinen, aber wichtigen Schritt bedeuten kann. Der Vorstoss wurde mit 53 : 47 überwiesen, 5 Mitglieder der beiden ablehnenden Fraktionen verhalfen uns zur Mehrheit. Die von der Regierung in der Folge vorgelegte Botschaft wurde dann klar überwiesen. Dass diese klare Überweisung von einigen wenigen kritischen Bemerkungen begleitet wurde, unsere Botschaft sei ein Deckmäntelchen, haben wir gerne akzeptiert. Weniger Verständnis hatten wir für die Bemerkungen im Mail eines Ingenieurs, Nahrungsmittel würden immer billiger und wertloser und die Abgabe von Kondomen würde mehr nützen als die Abgabe von Nahrungsmitteln.

Es stünde unserem kleinen, aber nicht unbedeutenden Land gut an, sich im Sinne des Vorstosses einzusetzen. Ob das Problem unsere Parlamentarier genügend interessiert – zu holen ist ja materiell nichts, ethisch aber viel – wird sich weisen. Energie können wir sparen, wir können aber nicht ganz darauf verzichten. Die Diskussion geht weiter, wichtig ist dabei auch die Ethik!

Dr. med. Herbert Widmer, Kantonsrat FDP, Luzern

Die Sache mit der Kontrolle

Anlässlich der Diskussion im Kantonsparlament über die Einsitznahme im Verwaltungsrat der Luzerner Kantonalbank wurde immer wieder bemängelt, dass das Projekt „Public Corporate Governement“ nicht effizient behandelt und dem Parlament vorgelegt werde. Um was geht es hier?
Unsere Demokratie ist – zugegebenermassen vereinfacht – so geregelt, dass das Parlament (Legislative) die Gesetze erlässt, der Regierungsrat (Exekutive) die Verwaltung führt, dem Parlament Gesetzesentwürfe vorlegt und Vorstösse des Parlaments bearbeitet. Entsprechend den auf Bundes- und Kantonsebene gültigen Gesetzen hat dabei das Parlament die Oberaufsicht über die Tätigkeit des Regierungsrates. Diese Oberaufsicht des Parlaments wird von der Exekutive oft als unangenehm empfunden und daher eher bekämpft als gefördert. Vor mehr als drei Jahren hat das Luzerner Kantonsparlament daher eine Motion überwiesen, welche ein Reglement für das „Beitrags- und Beteiligungscontrolling“ verlangt, was nichts anderes ist als die Grundlage für die gesamte Oberaufsicht. Es wurde verlangt, dass in diesem Reglement z.B. auch die Einsitznahme von Regierungsmitgliedern etc. in die Verwaltungsräte von ausgelagerten Verwaltungsteilen (z.B. Spitäler) oder in Firmen mit staatlicher Aktienmehrheit (z.B. Luzerner Kantonalbank) oder Aktienminderheit (z.B. CKW) geregelt werde.
Bisher hat der Regierungsrat die Motion nicht erfüllt und kein Reglement vorgelegt. Gerade deswegen sind heftige Diskussionen bezüglich des regierungsrätlichen Vorschlags für den LUKB-Verwaltungsrat entflammt. Der kantonale Finanzdirektor hat anlässlich der entsprechenden Diskussion im Parlament am 22.02.11 erklärt, dass über 50 % des Budgets ausgelagerte Verwaltungsteile (Spitäler, Schulen etc.) betreffen würden. Bei ausgelagerten Institutionen (mehr oder weniger verselbstständigt) seien 2 Dinge wichtig: 1. Die Rechtsform, 2. Der Grad der Freiheit für die betroffene Institution.
So weit so gut! Vergessen hat er aber den 3. Punkt: Nämlich das Beitrags- und Beteiligungscontrolling oder die Oberaufsicht durch das Parlament im Auftrag des Volkes.
Nur wenn auch dieser Punkt erfüllt ist, ist der Demokratie Genüge getan!

Dr. med. Herbert Widmer, Kantonsrat FDP

Prozentrechnen

Wieviele Schweizer gibt es – in Prozent?

Versuch einer Kurz – Satire

Neben anderem liebe ich Mathematik. Aber jetzt habe ich ein mathematisches Problem. Wenn ich die Wahlparolen der verschiedenen Parteien lese, komme ich auf mindestens 200 % Schweizerinnen und Schweizer.

Die SVP sagt: „Schweizer wählen SVP“, das sind mal 100 %. Die CVP Luzern dagegen meint: „Luzernerinnen und Luzerner wählen CVP“, für Luzern wären dies wieder 100 %, bezogen auf die Schweiz circa 5 % (circa 5 % der Schweizer sind Luzerner). Nochmals so viele könnten es sein, wenn die Aussage eines Mitarbeiters des Luzerner CVP – Sekretariats stimmt: „Wer den Kanton Luzern so liebt, wie er ist, wählt CVP“. An anderer Stelle dürfte etwa zu lesen sein: „Wer sich für die Natur einsetzt, wählt …..“, wiederum 50 % der Schweizer usw., usw.

Wenn ich alles zusammen zähle, komme ich mindestens auf 200 % (siehe oben)! Aber eben, Prozentrechnen war schon immer Glücksache! Nur, ich bin Schweizer, Luzerner, liebe den Kanton Luzern, so wie er ist und setze mich für die Natur ein ….! Somit wähle ich ….

Dr. med. Herbert Widmer, Kantonsrat FDP.Die Liberalen Luzern

Mediengläubig

Pascal Merz hat es gelesen. In einer Ausgabe der Neuen Luzerner Zeitung stand es, die Mitteparteien haben die SVP unterstützt, um das Projekt einer ökologischen Verkehrssteuer zu Fall zu bringen. Wenn es in der Zeitung steht, muss es auch stimmen, oder nicht?

Nun, die entsprechende Berichterstattung war nun wirklich falsch, vollkommen falsch. Glauben Sie wirklich, dass die bürgerlichen Politiker bereit gewesen wären, vier Arbeitshalbtage zu opfern, wenn man das Projekt einfach hätte scheitern lassen wollen? Dann hätte man es an der ersten Sitzung klar begraben und damit Zeit und Geld gespart.

Wer den Verhandlungen im Kantonsrat Luzern zuhörte, weiss (sofern er dies will), dass CVP und FDP für eine ökologische Verkehrssteuer, das heisst für eine effektive Besteuerung des Schadstoffausstosses, eintraten. Wir konnten aber das uns vorgelegte Modell nach Hubraum und Motorenleistung nicht akzeptieren, da dies zu teilweise völlig verzerrter Besteuerung geführt hätte. Dieses Modell hätte bei einer Referendumsabstimmung null Chance gehabt. Die Einschaltung einer „Zwischenrunde“ mit dem Auftrag an Regierung und Verwaltung, die Botschaft dahingehend zu ändern, dass der CO2-Ausstoss mehr gewichtet werde, brachte nichts, denn an der Botschaft wurde nichts geändert. Es mag erstaunen, dass der VCS die vom TCS erarbeiteten Grundlagen klar unterstütze, allerdings politisch andere Schlüsse daraus zog.

Auch die Feststellung der zuständigen Regierungsrätin, die SVP hätte die ökologische Verkehrssteuer wenigstens klar abgelehnt, von der CVP und der FDP hätte sie aber nicht gehört, was sie zu tun hätte, stimmt trotz Wiederholung nicht. Wir haben wie oben erwähnt klar verlangt, dass der CO2-Ausstoss mehr gewichtet und die Modelle der asa, des Kantons Graubünden etc. analysiert und entsprechende Varianten vorgelegt würden. Auch sei zu prüfen, ob ev. nur Neu-Wagen in ein neues Steuersystem einbezogen werden sollten, ob es nicht vernünftigere Lösungen bei einem Halterwechsel gebe und anderes mehr. Zuhören ist eine politische Grundaufgabe!

Dr. med. Herbert Widmer
Kantonsrat FDP

Wenn zwei dasselbe tun ...

Kürzlich habe ich es im Teletext gelesen: „ Umdenken der Linken bei Staumauer: Die Grossratsfraktion der SP, juso und PSA zeigt sich in der Energiediskussion kompromissbereit. Sie unterstützt nun klar die Ausbauprojekte der Kraftwerke Oberhasli KWD im Grimselgebiet.

Neu unterstützt die Fraktion damit auch die Erhöhung der Staumauer. Dies als Reaktion auf den Reaktor-Unfall von Fukushima. Man wünsche sich mit der Kehrtwende auch die Umweltverbände beeinflussen zu können. Neu soll der Klimaschutz mindestens gleich stark wie der Denkmalschutz gewichtet werden.

Die Fraktion will zudem Gaskraftwerke als Übergangslösung fordern. Gleichstrom soll unterirdisch fliessen.“

Gut so, Kompromissbereitschaft ist in der Politik neben vielem anderem notwendig. Diese Leute haben aus den Ereignissen in Japan Konsequenzen gezogen, was nur begrüsst werden kann. – Aber halt! Wie haben doch die gleichen oder ähnlichen Leute vor wenigen Tagen reagiert. Als Politiker, welche bisher die Atomenergie vertreten hatten, begannen, einen sofortigen oder mittelfristigen Atomausstieg zu verlangen, wurden sie als Wendehälse, als wankelmütig und anderes mehr bezeichnet und man zeigte mit den Fingern auf sie wegen ihrer früheren Einstellung. Könnte es eventuell sein, dass diese Kehrtwende auch Kompromissbereitschaft beweist und eine Lehre aus dem Fukushima-Ereignis darstellt.

Könnte es sein, dass die verschiedenen Parteien das Recht haben, sich für alle politischen Fachbereiche zu interessieren, aus Ereignissen und Erkenntnissen Lehren zu ziehen und sich entsprechend zu äussern. Als wir vor einigen Jahren eine Petition mit 6000 Unterschriften einreichten, welche die Förderung des öffentlichen Verkehrs in der Zentralschweiz forderte, schrieb ein heutiger GB-Kantonsratskandidat in einem Leserbrief, dass wir uns damit in ein grünes Thema eingemischt hätten. Gibt es denn grüne, orange, rote und schwarze (etc.) Themen? Könnte es sein, dass uns Kompromissbereitschaft, gegenseitiges Verständnis und Zusammenarbeit weiterbringen würden? Es würde!

Dr. med. Herbert Widmer
Kantonsrat FDP

Und der Patient?

Und der Patient? – Der gehört doch in den Mittelpunkt!

Was wäre das Gesundheitswesen ohne Patienten? 520`000 in der Schweiz im Gesundheitswesen Beschäftigte würden zu „Unbeschäftigen“! Unlogisch, ich weiss; und dennoch, so viel auch immer über diesen Bereich diskutiert und geschrieben wird, der Patient scheint keine grosse Rolle zu spielen und wird recht wenig erwähnt, dabei sollte er doch im Mittelpunkt stehen!

Der Patient in den letzten 200 Jahren
Der Patient machte bezüglich seines Status in den letzten 200 Jahren einen riesigen Wandel durch. 1811 konnten sich nur begüterte Menschen einen Arzt „leisten“, dafür hatten diese wenigen einen „Leibarzt“. Da damals die Behandlung durch den Arzt oft mehr schadete als nützte (Aderlass, Durchfall auslösende Behandlungen usw.) war dies für die anderen vielleicht gar kein Nachteil. Gegen die Jahrhundertwende (1900) wurde der Patient medikalisiert, das heisst, sein ganzes Leben (Ernährung, Gewicht, Freizeit) wurde der „Gesundheit“ unterstellt und damit dem Einfluss der Schulmedizin unterworfen. In den damals aufblühenden Krankenhäusern herrschte Zucht und Ordnung, Ungehorsam der Patienten wurde bestraft.

In der Zeit des Nationalsozialismus wurden an unfreiwilligen Patienten oft grausame Versuche durchgeführt, diesen Patienten sprach man jegliche Bedeutung ab. Nach dem 2. Weltkrieg stieg sowohl die Bedeutung des Patienten als auch des Arztes. Es gelang, eine erfolgreiche Kommunikation und damit ein Vertrauensverhältnis zwischen diesen beiden aufzubauen. Durch ein tiefgreifendes Arzt – Patienten - Gespräch, durch eine genaue Untersuchung, durch eine fundierte Differentialdiagnose und durch sich rasant entwickelnde Therapiemöglichkeiten fühlte sich der Patient umsorgt und ernst genommen. Sein Wunsch, geheilt und gesund zu werden und lange leben zu können wurde ernst genommen. Er konnte damit rechnen, mit Empathie (Zuneigung zum anderen Menschen) behandelt zu werden und konnte in die Behandelnden Vertrauen haben.

Wie steht es mit der Arzt – Patienten – Beziehung heute?
Wie ist dies nun heute, wo „steht“ die Arzt – Patienten – Beziehung? Man spricht heute vom Zeitalter der Dehumanisierung („Entmenschlichung“) und Ökonomisierung im Gesundheitswesen. Durch die Überlastung mit administrativen Aufgaben, durch eine rigide Qualitätssicherung – gegen die ich nichts einzuwenden habe – und durch eine mehr als ungeschickte Tarifierung hat der Arzt oft immer weniger Zeit für die eigentliche Begegnung mit dem Patienten. Durch die riesigen Fortschritte in der Diagnostik mit Computertomogramm, MRI, sensationellen Laboruntersuchungen usw. legen viele Ärzte immer weniger Gewicht auf das Gespräch und die Untersuchung des Patienten. Durch die Druck- und anderen Medien beeinflusst wünschen auch zunehmend Patienten die „Röhre“, nicht oder weniger das Gespräch mit dem Arzt. Dabei geht gerne vergessen, dass 50 % des ärztlichen Erfolges – zumindest beim so genannten Grundversorger oder Hausarzt – im psychosozialen Bereich verankert ist. Berücksichtigt dies der Arzt – soweit er sich dies zeitlich noch leisten kann - , erhält er viele erfreuliche Vertrauensbeweise. Heute zeigen Studien auf, dass 32 % der Menschen in unserem Lande psychische Probleme unterschiedlichen Ausmasses haben und 25 % der Beschäftigten mehr oder weniger ausgeprägt unter einem Burnout (Erschöpfung) leiden.

Ökonomisierung – oder: es geht meist ums Geld
Wird heute über das Gesundheitswesen gesprochen, diskutiert man meist über die Kosten, über das liebe Geld. Ziel der „Gesundheitspolitik“ ist es heute vor allem oder gar nur noch, ein möglichst perfektes Gesundheitswesen für möglichst wenig Geld anbieten zu können, ein erstrebenswertes aber eben unerfüllbares Ziel. Ärzte sind recht oft bereit, bei einer kurzfristig Erfolg versprechenden Dumpingpolitik mit zu machen, sehr wohl ahnend, dass die Folgen für sie und für die Patienten düster sein dürften („Nach mir die Sintflut“).

Patient (und Arzt) im Spannungsfeld
Der Patient steht heute - den meisten nicht ganz bewusst – in einem ungeheuren Spannungsfeld. Im Vordergrund steht dabei seine Gesundheit oder eben Krankheit. Sein heute weit verbreitetes Informationsbedürfnis deckt er aus den Medien und dem Internet ab, er weiss aber recht oft mit den erhaltenen Informationen nicht genügend anzufangen und ist entsprechend verunsichert. Die Kosten – vor allem in Form der Prämien und/oder des Selbstbehalts – sind für viele sehr drückend. Das Tun der Politiker ist nicht gerade verständlich oder gar selbsterklärend. Dem Patienten fremde, von den Politikern eifrig benutzte Ausdrücke wie DRG (Falschpauschale), Managed Care usw. tragen das Ihre zur Verwirrung bei. Der Arzt steht in einem gleichen Spannungsfeld, bei ihm spielen noch wie oben erwähnt die steil ansteigenden administrativen Anforderungen, die minutiöse Kontrolle seiner „Kostenverursachung“ durch die Krankenversicherer, mehr oder weniger (oder nicht) gerechtfertigte Rückzahlungsforderungen und anderes mehr eine zunehmende Rolle.

Der Anstieg der Kosten muss ernst genommen werden und ist für viele kaum mehr tragbar, hat aber eine Vielzahl von Vätern: immer mehr Leute arbeiten im Gesundheitswesen (vor 10 Jahren circa 380`000, heute 520`000), die Zahl der Versicherten steigt pro Jahr um 0.8 – 1.0 %, die Fortschritte in Diagnostik und Behandlung sind enorm, der Staat zieht sich immer mehr aus der Übernahme eines Teils der Kosten zurück und vieles mehr.

Wie kommen wir aus diesem Dilemma?
Wenn dies einfach wäre, hätte ich keinen Grund, diese Zeilen zu schreiben. Einige „Ratschläge“ können hier aber doch gegeben werden:Die „Politik“ soll sich weiterhin um die Kosten, um die Erhaltung der Sozialwerke u.a.m. kümmern. Sie soll aber begreifen, dass es andere, ebenso wichtige Probleme gibt, die zu lösen sind. Wenn Sitzungen parteiinterner Gesundheitskommissionen mangels zu besprechender Themen und Probleme nicht abgehalten werden, ist dies mehr als ein Armutszeugnis.Die „Politik“ sollte sich daran setzen, aus den teils sehr guten Puzzleteilen unseres Gesundheitswesens en Konzept zusammen zu fügen, ohne Konzept geht nichts.Die „Politik“ sollte begreifen, dass man nicht DRG (Fallpauschalen) einführen und damit neue Aufgaben den Hausärzten übertragen kann, wenn man eben diesen Hausärzten den Boden unter den Füssen weg zieht (Dies werden viele Politiker nicht begreifen und nicht glauben!). Ebenso sollte man endlich einsehen, dass man mit 600 pro Jahr ausgebildeten Ärztinnen und Ärzten nicht den bestehenden Bedarf von 1200 decken kann!Es muss ein Ziel sein, die Kosten tragbar zu machen; hier müssen Politiker, Ärzte, Pflegende und auch die Patienten mit arbeiten.Das Vertrauen zwischen dem Patienten und dem Arzt musst wieder gefördert werden. Es ist die Voraussetzung für eine effiziente Heilung. Je nach Fähigkeit des Arztes in der Gesprächsführung, seiner Persönlichkeit und seiner Glaubwürdigkeit entsteht dieses geforderte Vertrauensverhältnis, die entsprechende Zeit sowohl in der Praxis als auch im Spital muss aber wieder gegeben werden! Der Patient steht im Mittelpunkt!

Dr. med. Herbert Widmer, Kantonsrat FDP

Diskussionen um das Gesundheitswesen

Über wenige Themen wird in letzter Zeit soviel geschrieben wie über das Gesundheitswesen. Kaum ein Tag vergeht, ohne dass in einem Artikel ein entsprechender Bereich beleuchtet wird. Ist Ihnen schon aufgefallen, dass dies immer nur Puzzleteilchen des Gesundheitswesens sind? Haben Sie schon einmal einen Artikel gefunden, welcher die wichtigen Zusammenhänge aufzeigt? Kaum!
Wenn ich nun versuche, einige Wechselbeziehungen aufzuzeigen, gestatte ich mir dies nur unter den folgenden Vorbemerkungen: Der Beruf des Arztes ist ein wunderbarer, erfüllender, wenn auch meist recht anstrengender Beruf. Niemand darf behaupten, dass er das Gesundheitswesen ganz übersehe und alles wisse. Wer kritisiert, kann rasch als Nörgler bezeichnet werden; wer aber nicht kritisiert und auf Fehler aufmerksam macht, erreicht nichts! Ziel der Gesundheitspolitik muss es unter anderem sein, die Prämien für die Krankenkassen tragbar zu halten, allerdings mit einer konzeptionellen Politik, nicht mit „Pflästerli“, welche schlussendlich zu höheren Kosten führen! Versuchen wir doch, einige Aspekte zu beleuchten.
Es werden u.a. folgende Bereiche in den Medien diskutiert: Die Vertrauenskrise am Universitätsspital Zürich, der Kostenanstieg im Gesundheitswesen, die fehlenden Schweizer Ärztinnen und Ärzte u.a.m. Vor einigen Tagen wurde gemeldet, dass der Kostenanstieg im Gesundheitswesen (Krankenkassen) im Jahre 2010 1.8% betrug, um einiges weniger als in den Jahren zuvor. Die Gesamtausgaben der Krankenkassen machten 24.315 Mia CHF aus. In einzelnen Bereichen betrug der Anstieg: Spitäler stationär 0.7 %, Medikamente – 0.7 %, praktizierende Ärzte 2.8 %, Spitäler ambulant 6.5 % und Physiotherapie 5.2 %. Mit keinem Wort wird berichtet, dass in jedem Bereich 1 % Kostenanstieg auf die Zunahme an Versicherten fällt, dass es Fortschritte und Entwicklungen gibt, welche zwar auch Kosten verursachen, aber durch kürzere Behandlungsdauer stationär und ambulant und durch kürzere Arbeitsausfälle zu wesentlichen gesamtwirtschaftlichen Einsparungen führen. Diese Betrachtungsweise bräuchte allerdings einen erheblich grösseren Aufwand als die reine Zahlenjongliererei. Heute ist der durchschnittliche Spitalaufenthalt um einige Tage kürzer als noch vor zwanzig Jahren, ein grösserer Teil der Nachbehandlung wird in der Praxis geleistet, was ebenfalls zu Kosten führt, gesamtwirtschaftlich aber sinnvoll ist. Weit über 420 000 Personen arbeiten in der Schweiz im Gesundheitsbereich, deutlich mehr als noch vor zehn Jahren!
Der Preisüberwacher Stefan Meierhans will bei den Margen für die Medikamentenabgabe zuschlagen. Eine im vergangenen Jahr vorgenommene Analyse habe gezeigt, „dass die Margen aus betriebswirtschaftlichen Gründen in allen Vertriebskanälen markant gesenkt werden müssten“. Nach den Berechnungen des Preisüberwachers könnten sie bei den Apotheken von bisher 12 auf 4.5 und bei den Ärzten gar auf 3.9 Prozent gesenkt werden. Die Berechnungen mögen rein theoretisch stimmen, praktisch sind sie aber untauglich und beweisen eine geringe Übersicht über das System unseres Gesundheitswesens. Ein Preisabschlag von 50 % für einen Mantel im Ausverkauf bedeutet auch nicht, dass die Marge um 50 % gesenkt werden könnte. Denn der Inhaber des Kleidergeschäfts hat auch enorme Auslagen wie Lokalmiete, Löhne, laufende Unkosten etc. – und wohl auch das Recht auf einen eigenen Lohn. Recht ähnlich verhält es sich im Gesundheitswesen. Ein Arzt, welcher Medikamente abgeben darf, gleicht damit in etwa den Betrag aus, welcher ein Kollege in einem Kanton ohne Medikamentenabgabe für die gleiche Leistung mehr erhält (Tarmed). Der Ausgleich der unterschiedlichen Taxpunktwerte würde soviel kosten wie durch die Margensenkung gespart werden könnte! Wenn die Marge gemäss Willen des Preisüberwachers bei den Apotheken gesenkt würde, würde viele unter ihnen in enorme Existenznöte kommen und müssten zum Teil schliessen. Die Apotheken haben auch bei uns eine wichtige Aufgabe. Bei den Ärzten hat man die Entschädigung für Laboranalysen so stark gesenkt, dass die meisten Praxislabor-Betreiber einen Teil der Kosten für die Analysen selbst tragen müssen. Eine Alternative dafür wäre das Schliessen des Praxislabors, was zu enormen gesamtwirtschaftlichen Kosten führen würde, einberechnet auch den daraus entstehenden Zeitverlust für die Patientinnen und Patienten.
Die Vertrauenskrise am Universitätsspital Zürich ist für viele unter uns keine grosse Überraschung. Beschränken wir uns bei der Betrachtung auf den Kanton Zürich. Zu Recht wurden in den letzten Jahren gerade in den grossen Spitälern die Chefärzte von den Führungsaufgaben entlastet. Dass man sie dabei auch vielerorts praktisch völlig entmachtet hat, ist falsch. An ihre Stellen wurden ein Spitaldirektor und in Spitalrat eingesetzt, welche oft wenig Kenntnisse über das Gesundheits- und Spitalwesen haben. Gewisse Unterschiede in der Führung eines grossen Spitals und eines industriellen Unternehmens bestehen bei aller heute üblichen Gleichmacherei! Die Antworten der USZ – Spitaldirektion auf die Kritik der Kaderärzte zeugen von wenig Verständnis für deren Probleme und Anliegen.
Seit vielen Jahren sagen wir Ärzte voraus, dass wir in naher Zukunft in der Schweiz zu wenige „einheimische“ Ärzte haben werden. Diese Feststellung wurde vom allzu früh verstorbenen ehemaligen FMH-Präsidenten Hans Heinrich Brunner kritisiert. Der ehemalige Direktor der Krankenkasse Helsana, Manfred Manser erklärte 2006, dass man ohne weiteres auf einen Drittel der Schweizer Ärzte verzichten könnte. Heute fehlen uns Ärztinnen und Ärzte an allen Ecken und Enden. Vor allem Hausärzte finden keine Nachfolger mehr, aus diesem und anderen Gründen werden die Hausärzte weitgehend verschwinden, die Kosten werden entsprechend steigen. An den Spitälern fehlen rund 4000 Schweizer Ärzte, Stellen die durch ausländische Ärzte besetzt werden müssen (früher aus Deutschland, heute aus Osteuropa, morgen ….). In einem erschreckend schwachen Interview im Radio DRS erklärte der Interviewer, dass heute halt die jungen Ärzte aus den Spitälern in die Praxis gingen, da sie die hohe Arbeitsbelastung in den Spitälern fürchteten. Der gute Mann hat keine Ahnung von einem Praxisalltag. Seine Ahnungslosigkeit gipfelte in der Frage: „Warum müssen wir den überhaupt mehr Schweizer Ärzte ausbilden, wenn wir die Lücken doch durch ausgebildete Ärzte aus dem Osten füllen können?“. Früher bildeten wir im eigenen Land 950 Ärzte pro Jahr aus, heute noch 600 (als 100 %-Stellen berechnet), die Spitäler würden 1200 pro Jahr benötigen. Von allen jungen Schweizerinnen und Schweizer, welche gerne diesen Beruf ergreifen würden, erhalten gerade 1/6 diese Chance!
Viel Kritik? Ja, aber wahr! Wenn wir nicht endlich den Weg finden, ein tiefgreifendes und bezahlbares Konzept für unser Gesundheitswesen zu finden, wird dessen sehr hohe Qualität rapide sinken, zum Nachteil der Patientinnen und Patienten! Senken wir die Gesundheitskosten, aber bitte mit Konzept!

Dr. med. Herbert Widmer, Kantonsrat FDP.Die Liberalen Luzern